Urlaubsgedanken 5. Teil

Gewiss geht es nicht darum, weltbewegend Neues hier ins Wort zu bringen. Aber gerade Zeiten der Entschleunigung lassen Bekanntes, Gewusstes, fraglos Adaptiertes in einem anderen Licht erscheinen.

Eben diese beiden Begriffe sind mir in diesen Tagen wieder in besonderer Weise zum Freund bzw. zur Freundin geworden: Zeit und Licht.

Auch wenn zuhause der Tag anders getaktet ist als hier an meinem Urlaubsort; es wäre vermessen zu sagen, ich hätte zuhause keine Zeit für mich und meine Interessen. Bei weitem ist dem nicht so, denn bei allen Vorhaben und Verpflichtungen bin ich immer noch selbstverantwortlich für meine Tagesabläufe. Dafür bin ich wohl dankbar und weiß dies – auch im Blick auf andere Menschen, die mit Körper und Verstand härter arbeiten müssen als ich – sehr zu schätzen. Dennoch unterscheidet sich mein Empfinden, der Zeit gegenüber, von der erfahrenen und geschätzten freien Zeit hier in Rovinj, dieser wunderschönen Stadt an der Adria, die mir Weite und Unbekümmertheit gewährt. Mir erscheint freie Zeit zuhause im Nachklang oft als mehr oder weniger vertane Zeit; gleichsam als Übergangszeit bis zur nächsten Verpflichtung. Mir erscheint sie weniger als Geschenk denn als Verschnaufpause. Hier in Rovinj ist mir jeder Augenblick geschenkte Zeit. Und im Wissen, dass Zeit verrinnt, Lebenszeit begrenzt ist, wird mir in diesen Tagen bewusst, dass nicht irgendein Tun eine Zeit erfüllend macht, sondern zuvor die Erkenntnis dessen, zu sein, zu leben in diesem Jetzt.

Auch und gerade das Licht tut das ihrige dazu. Ich darf mich hier in besonderer Weise als „Kind des Lichtes“ erfahren und erkennen. Das scheinbar Selbstverständliche wird mir als Wunderwerk neu vertraut: die Abendsonne, die untergeht, kommt schon bald wieder, und sie kommt immer und gewiss wieder. Und sie wärmt und umhüllt einen mit Dankbarkeit.

Christoph Simonsen