Im September in der Citykirche

20190704_122929 Kopie 2_klein (c) Christoph Simonsen

Vielleicht mache ich jetzt einige von Euch ein wenig neidisch: In wenigen Tagen fahre ich in Urlaub und besuche einen lieben Freund in Istrien, der sich auf die Weinlese vorbereitet. In seinem Weingut wachsen zwei ganz besondere Rebsorten: die weiße Malvasia und die rote Teran Traube. Bei einem unserer letzten Begegnungen erzählte mir Elvio, was für ein großer Augenblick es für ihn ist, die ersten Trauben zu pflücken und den Keltervorgang zu beginnen. In ganz kurzen Abständen erprobt er immer wieder das Resultat des Gärvorgangs. Dann entscheidet es sich, ob es ein guter Jahrgang wird oder doch ein eher durchschnittlicher. Und wie dankbar ist er dann, wenn sich abzeichnet, dass die Pflege der Weinberge sich wieder einmal ausgezahlt hat und er mit dem Wein zufrieden ist. Nicht nur die Pflege, die einem viel Mühe abverlangt, sondern auch Gevatter Zufall und die Witterungen tragen ihren Beitrag dazu bei, dass der Wein gut werden wird.

 

Wenn ich dann ein paar Flachen aus der Vorjahreslese mitnehme und zuhause öffne, dann habe ich immer dieses dankbare Gesicht von meinem Freund Elvio vor meinem geistigen Auge.

 

Dankbarkeit, so wird mir dann wieder bewusst, Dankbarkeit ist eine solch schöne Tugend, die ob der vielen Selbstverständlichkeiten des Lebens nicht selten in den Hintergrund gerät.

 

Vielleicht habt ihr ja auch Grund, dankbar zu sein für die zurückliegenden Wochen des Urlaubs oder der entspannten Erholung zuhause? Dass es gelingen möge, sich dieses Gefühl zu bewahren und nicht in der Routine des Alltags zu begraben, das wünsche ich Euch.

 

Ein Empfinden von Dankbarkeit zu hegen, das ist in unseren Zeiten alles andere als einfach. Ich merke selber, wie unauffällig schleichend, aber nicht minder wirksam sich lähmende und bittere Grundstimmungen in mir festbeißen angesichts der Hilflosigkeit, die mich umfängt im Blick auf die unterschiedlichsten Ungerechtigkeiten um mich herum. Vor einigen Tagen bescheinigte mir ein Bekannter eine positive Grundeinstellung zum Leben, die doch nun wirklich alles andere als realistisch sei. Und so ganz unrecht hat er ja wohl nicht. Die bevorstehenden Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern, die befürchten lassen, dass menschenverachtende Parteien großen Zulauf erhalten werden, die Kaltschnäuzigkeit, mit der politisch verantwortliche am Rande unserer Gesellschaft lebende Menschen diffamieren, die Selbstverständlichkeit, mit der unser Sozialsystem ausgehebelt wird: all das und noch einiges andere wären Grund genug zu verzweifeln und zu verbittern.

 

Dass ich ein gutes Glas Wein genießen kann, das ist alles andere als selbstverständlich und weckt ein Gefühl von Demut in mir im Blick auf die Vielen, die hier in der Citykirche mit einem Glas Wasser zufrieden sind.

 

Vielleicht ist es genau diese Demut, die mich daran erinnert, wie wichtig es ist, dankbar zu sein und eben aus dieser Dankbarkeit heraus den mir begegnenden Menschen mit einer selbstverständlichen Achtung zu begegnen, die ihnen so oft verwehrt wird. Aus der Achtung vermag dann auch Verantwortung zu erwachsen. Aus diesem Grund fühlen wir Mitarbeitende in der Citykirche uns verpflichtet, Unrecht beim Namen zu nennen und zu warnen vor einer Zukunft, in der Verantwortungsträger*innen an die „Macht“ kommen, die dunkler nicht werden könnte.

 

Deshalb zitieren wir am Eingang der Citykirche einen mahnenden Spruch von Bertold Brecht.

 

Auf den vor uns liegenden September hin möchte ich darauf hinweisen, dass die sonntäglichen Gottesdienste um acht im September ausfallen (ich sonne mich ja im Weinberg des Herrn, smile). Nichtsdestotrotz möchte ich auf einige – vielleicht für Euch interessante – Ereignisse in der Citykirche hinweisen:

 

Am Sonntag, 8. September begehen wir in ganz Deutschland des Tag des Denkmals; dazu wird der Leiter der Denkmalschutzbehörde in Mönchengladbach um 10h einen Vortrag in der Citykirche halten unter dem Leitwort „Kostbarkeiten aus Licht und Farbe“. Es liegt auf der Hand, dass er da in besonderer Weise verweisen wird auf unsere schönen Fenster in der Citykirche von Joachim Klos.

 

Am Donnerstag, 12. September wird der weltweit geschätzte Jazzmusiker Giora Feidmann um 20h zu Gast sein. Wer ihn vor einigen Jahren schon einmal hier in Mönchengladbach erlebt hat, der wird nachvollziehen können, wenn ich sage, dass man sich diese musikalische Emotionalität nicht entgehen lassen darf.

 

 

Am Mittwoch, 18. September wird Manfred Deselaers in der Citykirche sein und von seinem neuen Buch „Die Wunde von Auschwitz berühren“ berichten. Zu dieser Lesung lädt die christlich-jüdische Gesellschaft ein.

 

Am 26. September ist Grupo Sal zum wiederholten Male in der Citykirche. Unter der Überschrift: „Wort und Musik – Hoffnung für eine Welt“ dürfen wir um 19h teilhaben an der Kultur wie auch der gesellschaftlichen Bedeutung Lateinamerikas.

 

Zu allen Veranstaltungen findet Ihr zu passender Zeit auch auf unserer Homepage www.citykirche-mg.de oder in den sozialen Netzwerken von Facebook und Instagram nähere Informationen.

 

Jetzt verabschiede ich mich aber erst einmal bis zum 17. September und freue mich auf ein erholtes Wiedersehen und Wiederhören nach meinem Urlaub.

 

Euer

Christoph Simonsen

B. Brecht Kopie (c) Chr. Simonsen
2020_10_Kirchenführer Kopie (c) Chr. Simonsen

Und hier noch der Hinweis auf unseren Kirchenführer, der in besonderer Weise die historische Bedeutung unserer Citykirche in einen Kontext mit der heutigen Nutzung setzt und die einmaligen künstlerischen Werke sowie die liturgischen Elemente geistlich vorstellt und interpretiert. Dieser ist gegen eine Spende gern zu erwerben (Herstellungswert ca 5,00 €). 

 

20190524_Fensterausschn_171106 (1) Kopie (c) Christoph Simonsen