Es ist nicht mehr ganz so dunkel, wenn ich morgens mit den Hunden die erste Runde vor dem Frühstück drehe und montags, wenn ich nicht nach Mönchengladbach fahre und der Tag ein wenig später beginnen kann, dann erhasche ich tatsächlich schon ein paar Sonnenstrahlen, die bekunden, dass der Winter sich so langsam verabschiedet. Wenn die Sonne lange Schatten wirft am Morgen, dann darf die Hoffnung aufkeimen, dass der Frühling vor der Tür steht. Ich freu mich auf den Frühling.
Auch wenn der gedankliche Übergang ein wenig holprig ist: Wie notwendig und wichtig wäre es, wenn auch in unserer Kirche ein neuer Frühling anbrechen würde. Aber anders als die Jahreszeit, die wie von selbst kommt, braucht es für eine neue Wärme in der Kirche ein glaubwürdiges Bewusstsein, diese auch wirklich zu wollen. Und es braucht einen wahrhaftigen Blick auf das, was Kälte und Frost in die Kirche hineingetragen hat.
Um dieser Glaubwürdigkeit willen Ausdruck zu verleihen, zeigen wir in der Citykirche bis zum 25. März verstörende Bilder von Rinaldo Greco, der sich in künstlerischer Grandiosität dem Thema „Miss Brauch“ in der Kirche angenommen hat, und kaum aushaltbare Lebenswirklichkeiten in Szene gesetzt hat, die anzuschauen und auf sich wirken zu lassen, in meiner Wahrnehmung aber notwendig sind, ausgehalten zu werden, damit wir erkennen und spüren, wie gewaltig die geistige und geistliche, aber körperliche Zerstörungswut in unserer Kirche getobt hat und auch heute noch tobt.
„Bilder sagen mehr als tausend Worte“, so ist ein Sprichwort überzeugt. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass wir hinschauen müssen. Schauen wir hin. Und ich bitte Sie und Euch: Tun Sie sich diese Qual an. Nicht, dass ich drängen möchte, schon gar nicht zu etwas zwingen, Mit-Leid kann man nicht erzwingen. Aber es braucht ein mitleiden, es braucht unser mitleiden. Erst ein mitleiden ermöglicht Umkehr.
Begleitet zu dieser Ausstellung finden Gottesdienste und Begegnungsmöglichkeiten statt, die thematisch strukturiert sind und wozu ich herzlich einladen möchte:
Samstag 04.03.23, 12h: Musikalischer Gottesdienst zur Marktzeit
Wie fühle ich mit den Menschen
Sonntag 05.03.23, 20h Good night time Gottesdienst
Wenn Segen zum Fluch wird
Samstag 11.03.23, 12h Musikalischer Gottesdienst zur Marktzeit
Wie begehre ich einen Menschen
Sonntag 12.03.23, 20h Gottesdienst unterm Regenbogen
Wenn Fremdes zur Bedrohung wird
Donnerstag 16.03.23, 19.30h Vortrag Helmut Keymer, ehem. Interventionsbeauftragter für sexualisierte Gewalt im Bistum Aachen
Missbrauch – Kirche: eine Struktur des Bösen?
Samstag 18.03.23, 12h Musikalischer Gottesdienst zur Marktzeit
Wie liebe ich einen Menschen
Sonntag 19.03.23, 20h Good night time Gottesdienst
Wenn Sünde nur beim anderen gesehen wird
Freitag 24.03.23, 21.30h Stummfilmvorführung „Le passion de Jeanne d’Arc,1929
Stummfilm von Carl Theodor Dreyer
mit Rennée Falconetti, Eugène Silvain, Antonin Artaud u.a. Kamera: Rudolph Maté,
Musik: Wilfried Kaets, Orgel, Gesang Klaus Paulsen
Am 13. März um 19.00 Uhr wird Armin H. Flesch in der Citykirche zu Gast sein und auf Einladung der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit einen Vortrag halten unter dem Thema: „Die Erben der Arisierung.
Ich wünsche allen Interessierten und Gästen der Citykirche eine wohltuende Zeit der Umkehr in der Vorbereitung auf das Fest des neuen Lebens: Ostern, und hoffe, dass der Frühling das Seine dazu tut, dass wir alle spüren dürfen: Es bricht was Neues an.
Ihr und Euer
Christoph Simonsen
Und hier noch der Hinweis auf unseren Kirchenführer, der in besonderer Weise die historische Bedeutung unserer Citykirche in einen Kontext mit der heutigen Nutzung setzt und die einmaligen künstlerischen Werke sowie die liturgischen Elemente geistlich vorstellt und interpretiert. Dieser ist gegen eine Spende gern zu erwerben (Herstellungswert ca 5,00 €). Die erste Auflage war innerhalb von 3 Wochen bereits vergriffen, so dass wir schon eine weitere in Auftrag geben mussten.