Es ist eine gewisse Ungeduldzu spüren ...

2020_04_17_St Peter Koeln (c) Chr. Simonsen
2020_04_17_St Peter Koeln
Datum:
Fr. 17. Apr. 2020
Von:
Christoph Simonsen

Es ist eine gewisse Ungeduld zu spüren: Vertreter der Kirche drängen darauf, wieder zu öffentlichen Gottesdiensten einladen zu dürfen und üben auf die politisch verantwortlichen sanften Druck aus, dem Menschenrecht auf freie Religionsausübung gerecht zu werden. Unzweifelhaft vermissen viele Gläubige  die gemeinsame Feier der Gottesdienste. Ich frage mich allerdings, ob es statthaft ist, diese innere Verlusterfahrung mancher Gläubiger zu instrumentalisieren und auf einer juristischen Ebene ein Recht einzuklagen, wie es einige deutsche Bischöfe gerade getan haben im Gespräch mit den politisch Verantwortlichen. Bischof Feige aus Magdeburg hinterfragt sogar seine bischöflichen Kollegen, ob es statthaft sei, bestimmte Frömmigkeitsformen derart zu instrumentalisieren, als ob der Himmel – sprich: Gott – durch beeindruckende Gebete und Werke zu beeinflussen sei. Ein solches Gottesbild klänge archaisch und wäre dem menschgewordenen, leidensfähigen Gott unangemessen.

Es scheint mir, als wollen die Vertreter der katholischen Kirche (interessanterweise zeigt sich die evangelische Geschwisterkirche sehr viel zurückhaltender) möglichst rasch wieder den vertrauten Zustand herbei beschwören und übersehen die große Chance, die jetzige Zeit wahrzunehmen als eine Zeit der Erneuerung und der Selbstreflexion. Das Einüben in Verzicht ist doch eine durchaus christliche Tugend, die den einzelnen Christinnen und Christen ans Herz gelegt wird; jetzt wäre die Gelegenheit gegeben, dass wir als kirchliche Gemeinschaft diese Zeit des Verzichtes zur Selbstvergewisserung nutzen könnten. Dies übrigens auch im Hinblick auf den synodalen Weg, den die katholische Kirche in Deutschland zu gehen sich entschlossen hat.

Wäre es nicht widersinnig, einerseits communio – Gemeinschaft – erleben zu wollen und zugleich auf Abstand angewiesen zu sein; gemeinsam Mahl halten zu wollen und das mit Mundschutz im Gesicht? In meinen Augen wäre es angemessener, jetzt den Verzicht auf Wertvolles und Schönes bewusst nahe an sich heranzulassen, um dann in großer Erwartung und Vorfreude wieder mit einem neuen Bewusstsein und einem neuen Geist feiern zu dürfen. Anstatt Gottesdienste mit desinfizierten Händen zu feiern können wir dann feiern mit neu infizierten Herzen.

 

Ihr

Christoph Simonsen