Sitzen Sie auch in diesen Tagen jeden Abend vor dem Fernseher oder dem Radio, schauen oder hören die Nachrichten?
Meistens gleich zu Beginn werden die ausschlaggebenden Zahlen genannt: Wie viele neue Infektionen mit dem Covid-19 Virus bei uns in Deutschland, dann auch die Zahlen von Italien, Spanien und dann die zweite Zahl, die Zahl der Toten.
Gut, dass auch die Zahl der Genesenen genannt wird. Was aber bleibt in diesen Tagen der Pandemie, dass Leid und Krankheit und Tod sich mitten hineindrängen ins Leben. Der Tod ist ein Gevatter des Lebens.
Ob wir davonkommen,
ohne gefoltert zu werden,
ob wir eines natürlichen Todes sterben,
ob wir nicht wieder hungern,
die Abfalleimer
nach Kartoffelschalen durchsuchen,
ob wir getrieben werden in Rudeln,
wir haben’s gesehen.
Ob wir nicht noch
die Zellenklopfsprache lernen,
den Nächsten belauern,
vom Nächsten belauert werden
und beim Wort Freiheit weinen müssen.
Ob wir uns fortstehlen,
rechtzeitig auf ein weißes Bett
oder zugrunde gehen
am hundertfachen Atomblitz,
ob wir es fertigbringen,
mit einer Hoffnung zu sterben,
steht noch dahin,
steht alles noch dahin.
So unerbittlich, so schonungslos wahrhaftig, so bangend fragend dieses Gedicht von Marie Luise Kaschnitz den Tod mitten hinein stellt ins Leben, wie eben auch die nackten Zahlen der Nachrichten es tun und wir all dem nicht ausweichen können, so unerbittlich, wahrhaftig und bangend fragend lebendig ist die Hoffnung, die Leben und Tod miteinander verbinden möchte. „Ob wir es fertig bringen, mit einer Hoffnung zu sterben?“
Die Feier der Tage der Heiligen Woche mögen Ihnen diese Hoffnung schenken
Ihr
Christoph Simonsen