In dieser Woche jährte sich der erste Todestag des außergewöhnlichen Bildhauers Anatol Herzfeld, der in den letzten Jahren seinen Lebensmittelpunkt auf der Insel Hombroich hatte, wo er in einer Holzbaracke gewohnt hat.
Die Insel Hombroich, nicht weit entfernt zwischen Grevenbroich und Neuss liegend, von uns aus einen Katzensprung entfernt, sucht den Dialog zwischen der Natur und der Kunst. Kreiert und gestaltet wurde sie unter anderem von dem Architekten und Künstler Erwin Heerich, von dem wir auf dem Alter Markt bei uns in Mönchengladbach einen Brunnen bestaunen können.
Das Konzept dieses beeindruckenden Fleckchens Erde ist ganz einfach: Wo die Natur krumme Wege geht, setzt die Kunst strenge Formen. Streng bedeutet aber nicht hartherzig, autoritär, belehrend, beeinflussend; streng hier bedeutet eher: klar, einsichtig, einladend.
Anatol Herzfeld, ein Schüler von Josef Beuys, hat viele seiner Arbeiten auf der Insel Hombroich gezeigt. Für ihn war klar: Kunst gehört dem Menschen, nicht den Galerien, den Museen, den Geldanlegern. Die Kunst möchte zum Menschen gehen und den Menschen einladen sie zu berühren. „Do not touch‘ steht nirgendwo an den Arbeiten von Anatol, wie er genannt werden wollte.
Unter den ausladenden Ästen einer Eiche steht eine unübersehbare Arbeit von Anatol. Mitten in der Landschaft stehen 27 Stühle aus Eisen, jeder einzelne gleicht einem Thron und erinnert an germanische Kultstätten. „Das Parlament“ hat Anatol diese Arbeit genannt. Ein Parlament, das im freien tagt. Hier geschieht demokratisches Handeln unter freiem Himmel, frei von hierarchischen Strukturen; jede*r kann Platz nehmen, mit diskutieren, mit den anderen nach Entscheidungen suchen.
Ich bin versucht, nein: ich kann gar nicht anders als die Überzeugungen Anatol’s zu übertragen auf unseren Glauben: Ein Glaube, der sich nicht abgeschieden in geschlossenen Räumen vollzieht, und mögen sie noch so prachtvoll sein und noch so viele Türen haben; ein Glaube, der jeder und jedem einen Platz anbietet auf gleicher Höhe; ein Glaube, der die Utopie zur Wirklichkeit verwandelt, dass die Wege des Lebens von allen gemeinsam geplant, gebaut und gegangen werden.
Ich wünsche Euch einen sonnigen Tag und wo immer die Möglichkeit besteht, geht raus und sucht Kunst, wo ihr sie nicht vermutet und übt das Staunen neu ein darüber, wo überall uns ein Glaube begegnen kann.
Euer
Christoph Simonsen