Fast ein halbes Jahr waren sie im Atelier einer Restauratorin, seit Dienstag sind sie wieder zurück: Die beiden prächtigen Gemälde mit der sinnbildlichen Darstellung der Dreifaltigkeit einerseits und der in absoluter Dunkelheit Hoffnung durchscheinen lassenden Kreuzdarstellung. Dank der Bereitschaft des Bauvereins konnten beide Bilder gereinigt und stabilisiert werden, so dass sie jetzt wieder ihren festen Platz in der Citykirche finden.
Diese beiden geschichtsträchtigen Bilder bereichern unser Gotteshaus, sie erzählen von unserem Glauben und sie verweisen darauf, wie kreativ die Schaffenskraft von Menschen ist.
Vielleicht kennt ihr die Überzeugung, die Goethe einmal ins Wort gefasst hat: "Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen." Unser christlicher Glaube ist zweifelsohne ein Glaube, der sich erweist in der Verkündigung des Wortes. Der Kirchenraum ist ein Ort der Verkündigung und durch die Verkündigung ist der Kirchenraum ein Ort der Selbstreflexion. Wenn wir Gottesdienst feiern, wenn wir gemeinsam auf das Wort Gottes hören, wenn wir beten, dann tun wir dies, um unser persönliches Leben in sein Licht zu stellen, um unser Leben vor ihm zu reflektieren. Gottesdienst ist Feier, aber immer auch Vergewisserung seiner bzw. ihrer selbst.
Wir Menschen wollen aber das Leben (und also auch das Leben mit Gott) nicht nur verstehen, wir wollen es auch empfinden. Wir Menschen sind Wesen der Empfindsamkeit. Deshalb braucht es auch die Kunst, braucht es Bilder. Worte alleine sättigen uns nicht. „Im Anfang war das Wort“; so heißt es bei Johannes. Gott ist das Wort. Und dieses Wort hat sich eingewoben in die Welt. Aus diesem einen göttlichen Wort heraus entwickelt sich alles, das Leben, die Liebe, der Streit, die Demut, die Barmherzigkeit, auch die Vielfältigkeit und die Lust wie das Zweifeln. Worte sind immer der erste Anstoß für etwas. Aber aus eigener Erfahrung heraus dürfen wir doch auch wissen, dass ein Wort, das aus dem Herzen kommt, immer Auslöser ist für eine Empfindung dessen, dem das Wort zugesprochen wurde. Gute Worte bleiben nie folgenlos, sie verursachen neue Lebendigkeit, Kreativität, neue Möglichkeiten der Kommunikation. Guten Worten folgen gute Taten.
Eine wunderbare Frau, die bekannt geworden ist als eine Künstlerin des Wortes, nämlich Christa Wolf, formuliert es folgendermaßen. „Das letzte wird ein Bild sein, kein Wort“. Bilder machen buchstäblich ansichtig, was sowohl in der Psyche als auch im Verstand erwachsen ist. Vergewissern wir uns dessen: wir Menschen kreieren ganz oft hinter den Worten immer noch im Unbewussten Bilder für die zugesprochenen Worte.
Das hat unser Gott schon prächtig geschaffen, dass wir Menschen auf verschiedenen Ebenen miteinander im Austausch unseres Lebens sind. Und deshalb freu ich mich sehr auf unsere neuen alten Bilder, die dazu einladen, unseren Glauben mit allen Sinnen fassen zu können.
Bereichernde Begegnungen mit diesen beiden Kunstwerken wünscht Euch
Christoph Simonsen