Ein neues Bild ziert unsere Citykirche. Es wurde mir vom Vater des Jungen geschenkt, der dies 13jährig 1993 gemalt hat.
Christian führt uns in diesem Bild vor Augen, was der große Theologe Hans Urs von Balthasar in seiner Spiritualität ins Wort gefasst hat: Mit dem Tod Jesu ist die ganze Schöpfung erlöst. Aller Tod, alles Leid, alle Qualen – die der Vergangenheit wie die der Gegenwart und der Zukunft – sind mit hineingenommen in den Tod Jesu. Balthasar interpretiert die dreitägige Grabesruhe Jesu damit, dass dieser bis an den Anfang der Schöpfung zurück gegangen ist, in die tiefste Vergangenheit, um alles, wirklich alles, mit hineinzunehmen in den Akt der Auferstehung.
Christian ist dieser Gedankengang gewiss nicht bewusst gewesen, aber er hat es eindringlich und offenkundig gemalt: Das Kreuz Jesu steht auf dem Berg, der allen Tod unter sich begraben hat. Die Weite des Himmels verweist auf den Passepartout, den Schlüssel aller Hoffnung.
Aber auch ohne diese hohe Theologie nachvollziehen zu können beeindruckt dieses Bild durch seine berührende wie bestechende Kindlichkeit. Was naiv erscheinen mag führt unweigerlich in eine reale Offensichtlichkeit: Wir Menschen, gleich welchen Alters, geben uns nicht zufrieden mit der nackten Tatsache, dass Leid und Tod zu dieser Welt dazugehören. „Das verstehst du noch nicht; da bist du noch zu klein zu“: diese und ähnliche Ausreden mögen das Unvermögen oder die Unlust der Erwachsenen offenbaren, mit Kindern die existentiellen Fragen des Lebens zu bedenken; keinesfalls aber werden sie der Offenheit der Kinder gerecht, die auf ihre Fragen eine gewissenhafte Antwort erwarten dürfen. Als Erwachsene stehen wir in der Pflicht, den Heranwachsenden Rede und Antwort zu stehen.
In diesem Sinne bin ich ganz nahe bei den jungen Menschen, die heute auf die Straße gehen und um ihre Zukunft bangen. Mit diplomatischem Geschwafel werden wir sie nicht beruhigen können. Die Fragen des Lebens und des Sterbens, die die Jugendlichen auf den Demonstrationen herausschreien, ob bei den Demos von „Fridays for Future“ oder in unserer direkten Nachbarschaft bei den Demos von „Ende Gelände“: sie verlangen nach Antworten.
Ihr und Euer
Christoph Simonsen