Ansprache 14. Sonntag im Jahreskreis

Datum:
So. 6. Juli 2025
Von:
Christoph Simonsen

Ansprache zum 14. Sonntag im Jahreskreis:

 

Im Vorschlag für diesen Gottesdienst, den ich zuvor in der Alten Kirche in Lobberich gehalten habe, stand im Plan des Vorbereitungsteam für das, was jetzt folgt, nachdem wir das Evangelium gehört haben: „Predigt: Priester“. Ja klar. Aber warum nehmen wir das als so selbstverständlich hin? Dieses Gegenüber von Priester und Gemeinde, von Kleriker und Laie: Mir wird das immer fragwürdiger.

Zurren wir da nicht einen „Zwei-Klasse-Glauben“ fest. Mir bereitet das Kopfschmerzen, ich vermute, einigen von Euch auch.

Bei all den vielen Überlegungen einer Erneuerung unserer Kirche – auch in unserem Bistum – bleibt eine Gewissheit unangetastet und alle anderen Ideen und Überlegungen ordnen sich dieser unter: Es bleibt der Seins mäßige Unterschied zwischen Priester und Laie. Die Handauflegung des Bischofs bei der Priesterweihe bewirkt eine essentielle Veränderung, die unwiderruflich ist. Und so bleibt es, wie der Regensburger Bischof letztens in einem Interview klar herausgestellt hat: ‚Wir können über alles reden, aber entscheiden tun die Herren in der priesterlichen oder bischöflichen Robe‘.

 

Der Blick auf das heutige Evangelium weist einen anderen Weg: Alle sind in gleicher Weise herausgefordert, dem Glauben ein Gesicht zu geben. Jesus sagt: „Geht, nehmt nichts mit“, vertraut; vertraut, dass Gott mit euch geht. Jesus ist da völlig unorthodox und unklerikal. Unsere Verbundenheit mit ihm wird nicht dadurch besiegelt, dass wir den Rasterkatalog der 10 Gebote ständig an unser Leben anlegen; ja, nicht einmal von innehalten ist die Rede oder regelmäßigem beten; wir sollen einfach nur gehen, an nichts gebunden außer an seinem Wort, und vertrauen. Das ist das Schlüsselwort, das unseren Glauben sichtbar werden lässt.

 

 

Mir und sicher auch manchem von Euch, müsste es jetzt eigentlich die Sprache verschlagen. Dieses Reich Gottes, diese Freiheit, von der Jesus spricht, die wir verkünden und leben sollen, die hat so etwas Leichtes und Unbeschwertes.

Reich Gottes ist etwas anderes als ein feierliches Hochamt, Reich Gottes ist etwas anderes als ein volles Priesterseminar. Gott ist nicht der oberste Beamte eines hierarchischen Systems.

In kirchlichen Kreisen ist allüberall die Klage zu hören, dass der Priesternachwuchs ausbliebe. In ganz Deutschland sind es gerade mal 25 Männer, die in diesem Jahr geweiht werden. Aber sind geweihte Häupter die Garanten eines lebendigen Glaubens? Wer diese Frage mit ‚Ja‘ beantwortet, der muss sich der Frage stellen, wie unser Glaube dann in 50 Jahren in unserer Gesellschaft präsent sein wird. Das Wort „Missbrauch“ in kirchlichen Kontexten ist in aller Munde. Ist es nicht auch eine Form von religiösem Missbrauch, den das System Kirche, aber auch tradiert so manche Gemeindeglieder verüben, wenn Priester immer noch als eine besondere Spezies Mensch eingestuft werden, die alleine in Stellvertretung Gottes dem Glauben Gesicht geben?

Es tut not, noch einmal auf das heutige Evangelium zu schauen.

Jesus sagt nicht, sucht welche aus, die sich auf den Weg machen sollen; er sagt schlicht und ohne Unterschied: „Geht“. Gott möchte den Menschen in allen Ortschaften begegnen. Dazu sind alle berufen und beauftragt und alle sind verpflichtet und stehen in der Verantwortung. Die Perle des Lebens - Gott eben – finde ich nicht, indem ich andere Spürhunde losschicke. Gott finden tun die, die sich auf den Weg machen, die aufstehen und gehen, wohin sie der Geist führt. Und die Perle des Lebens – Gott eben – finde ich nicht, indem ich mich besinnend zurückziehe, sondern die Erde umgrabe, wenn nötig mit den eigenen Händen.

 

Jede Zeit ist aufregend, weil jede Zeit neu geprägt werden muss. Auch die unsere ist wahnsinnig aufregend und manchmal auch beängstigend. Aber anstatt immer nur zu klammern und festzuhalten, anstatt Vertrautes einfach zum einzig gangbaren Weg zu deklarieren, sollten wir uns aufmachen auf neuen Wegen zu neuen Ufern. Shalom, der Friede Gottes möge uns auf unserem Weg begleiten, mehr bedarf es nicht, um zum Ziel zu kommen.