Kennt ihr den Wolf von Gubbio? Diese Sagengestalt galt als Böse und Reißerisch. Er fraß, was ihm vors Maul kam: Tier und Mensch, so dass in der kleinen umbrischen Stadt Gubbio die Angst umherging. Keine und keiner traute sich mehr vor die Stadtmauern, aus Angst, vom Wolf gefressen zu werden. Bis der heilige Franziskus in die Stadt kam und furchtlos auf den Wolf zuging. Franziskus sprach ihn an, hielt dem Wolf seine Gräueltaten vor und besänftigte ihn. Dann schloss er einen Pakt mit ihm: Der Wolf solle ihm versprechen, dass er die Menschen der Stadt und die Tiere in Frieden lasse, dann würden die Menschen für ihn Sorgen und ihm geben, was er zum Leben benötige. Der Wolf und die Menschen haben sich auf diesen Vertrag eingelassen und es kehrte Ruhe und Frieden ein in der Stadt.
„Eine Geschichte, zu schön, um wahr zu sein“, mögt ihr jetzt denken. Die Legenden, die sich im Laufe der Zeit um den Heiligen Franziskus gebildet haben, entbehren in der Tat eines gewissen Realitätssinns. Aber andererseits: Der Heilige Franziskus ist sehr real. Er war zweifelsohne ein Mensch mit einer beeindruckenden Ausstrahlung. Wer ihm begegnete, so stelle ich mir es vor, konnte nicht anders, als in ein kraftspendendes Staunen zu geraten. Und wenn auch die Geschichten irreal wirken, die Hoffnungen und die Erwartungen, die auf ihnen liegen, sind sehr konkret und real. Real eben durch diesen Menschen Franziskus, dem wohl zu eigen war, was in uns allen geweckt werden will: Mut, sich nicht zufrieden zu geben mit dem was ist, und aus dem eine Kraft erwächst, anders zu reden, anders zu leben und - das vor allem - zu vertrauen.
Wer dem Leben Sinn und Zukunft abringen möchte, der bedarf eines solchen Mutes, sich einzubringen, Bedürftigkeiten wahrzunehmen, Ängste zu realisieren und diese ernst zu nehmen. Der Heilige Franziskus hat die Angst der Menschen ernst genommen und dann Wege gefunden, ihre Angst zu entkräften.
Wie ihm dies gelungen ist? Indem er dem – vermeintlich – bösen Wolf die Angst vor dem Verhungern genommen hat. Denn der vermeintlich Böse war nicht wirklich böse, er war nur voller Angst, sein Leben durch Hunger zu verlieren. Wörtlich heißt es in der Geschichte: „In seinem Hunger war er von grimmiger Wildheit“.
Auf unsere heutige Zeit übertragen wäre es wohl naiv zu denken, so könnten die Probleme überwunden werden. Die Selbstlosigkeit eines Heiligen Franziskus und die Bereitschaft zum Verzicht bis hinein in eine spürbare Armut traut sich kaum eine/einer zu. Die Menschen in Gubbio hat dieser Wagemut des Heiligen Franziskus ins Nachdenken gebracht: Sie verzichteten auf Wiedergutmachung und waren stattdessen bereit, selbstlos von sich zu geben.
In diesen Tagen ist Gustavo Gutierrez in Lima gestorben. Mit seinem ersten Buch, das 1971 unter dem Titel „Theologie der Befreiung“ veröffentlicht wurde, gilt er als der „Erfinder“ der gleichnamigen theologischen Ausrichtung. Sehr spät erst, im Jahr 1999 gab er seinen Dienst als Diözesanpriester auf und trat dem Dominikanerorden bei. Seine Begründung damals: „Lieber Schutz durch einen Orden, als Cipriani ausgeliefert sein“. Dazu muss man wissen, dass Juan Cipriani Thorne der damalige Erzbischof von Lima war, der dem Opus Dei angehörte. Theologie sollte, so Gutierrez, eine Antwort auf die gesellschaftliche Wirklichkeit sein und nicht ein Festhalten an Überlieferungen. Während meines Studiums durfte ich einmal diesem wunderbaren Menschen in Frankfurt/M begegnen. Dank ihm (und sicher einigen anderen) weiß ich, dass es auch heute Menschen gibt, die sich nicht von Ängsten gefangen nehmen lassen, sondern sehr real und konkret in unserer Welt ihren Teil dazu beitragen, dass wir uns erinnern dürfen: Unsere Welt war einmal paradiesisch; und wenn sie das heute auch nicht mehr ist: Die Hoffnung auf Frieden und Verbundenheit ist da.
Dank vieler Menschen, die tolle Ideen haben, ist in der Citykirche im November wieder einiges los, worauf ich gern aufmerksam mache:
Der Monat November ist in besonderer Weise dem Gedenken an unsere Verstorbenen gewidmet. Der Weg zum Friedhof ist für Viele ein schwieriger aber wichtiger Weg, um Erinnerungen wach zu halten und die Gegenwart mit den Lieben zu teilen. Die Citykirche zeigt deshalb in diesem Monat Arbeiten mit Fotos und Zeichnungen von Rüdiger Kramer und lädt ein zu einem anderen Blick auf Grabstätten und die Wirklichkeit des Todes. Der vor einigen Jahren viel zu früh verstorbene Duisburger Fotograf und Maler Rüdiger Kramer setzte sich auf behutsame Art und Weise mit der Vergänglichkeit auseinander. Sein Fotozyklus, erschöpfte sich aber nicht „in der romantischen Schau der Vergänglichkeit“, sondern war auch eine „Dokumentation über die Endlichkeit ewiger Ruhestätten“, so Prof. Dr. Reiner Sörries im Katalog zur früheren Ausstellung „Kleinstadtfriedhöfe im Rheinland und in Westfalen“. Die Eröffnung ist am 1. November um 12h in der Citykirche.
Auf zwei besondere Konzerte sei noch hingewiesen:
Sonntag, 3.11.24 um 17h musiziert die Formation „Wesen“. Sie versteht sich als ein Projekt , welches mittels akustischer Instrumente, innere Klanglandschaften entwickeln lässt! Während dieses Prozesses entstehen kleinere, spontane, auf den Raum bezogene Kompositionen, die bestenfalls zu einer Reise in die Innerlichkeit einladen können!
Dieses Projekt wird in folgender Besetzung/ Instrumentierung umzusetzen versucht:
Anna May: Blockflöten Barbara Bleckmann: Gong, Klangschalen, Monochord
Frank Preuß: akustische Gitarren, Daumenklavier, Xylophon Als Gast(angefragt) : Arnd Koukal: Perkussionsinstrumente
Mittwoch, 13.11.2024 um 19h laden wir mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit ein zu einem Abend über den jüdischen Musiker Mordechai Gebirtig.
Freitag, 15.11.24 um 19h tritt die Folkgruppe „The Goblins of Saint Vith“ mit Irish Folk Music auf. Die Gruppe tritt zugunsten der Arbeit der Mönchengladbacher Gruppe Amnesty International“ sowie der sozialen Arbeit der Citykirche auf. Ich freue mich sehr über diese Verbundenheit der Citykirche mit Amnesty.
Am 17.11.2024 um 20h feiern wir wie gewohnt den Gottesdienst um Acht; diesmal in einem besonderen Gedenken, da wir gemeinsam mit den Menschen, die um ein verstorbenes Tier in ihrem Haus trauen. So, wie wir im vergangenen Monat einen sehr schönen Segensgottesdienst mit unseren lieben Haustieren gefeiert haben, so wollen wir nun an die denken, die den Menschen so viel Freude bereitet haben und nun da sind, wo alle sind, die aus Gott sind.
Schon jetzt sei auf die übernächste Ausstellung hingewiesen mit Videoinstallationen von Gudrun Teich, die am 26.11.2024 beginnen wird.
Ganz wichtig: Samstag, 30.11.24 um 9.00 – 17.00h findet wieder der Adventsbasar in der Citykirche statt. Wer mitmachen möchte, kann sich gern bei mir per Mail oder Telefon melden (info@citykirche-mg.de, 02161 2472414)
Natürlich feiern wir wie gewohnt unsere Gottesdienste dienstags um 12h sowie den Gottesdienst um Acht an den drei ersten Sonntagen des Monats. Und auch die Musik zur Marktzeit samstags um 12h gibt Anlass für Freude und Überraschung.
Euer
Christoph Simonsen
Und hier noch der Hinweis auf unseren Kirchenführer, der in besonderer Weise die historische Bedeutung unserer Citykirche in einen Kontext mit der heutigen Nutzung setzt und die einmaligen künstlerischen Werke sowie die liturgischen Elemente geistlich vorstellt und interpretiert. Dieser ist gegen eine Spende gern zu erwerben (Herstellungswert ca 5,00 €).